Anfang der 1970er-Jahren hatte der Unternehmer das Familienunternehmen, nachdem er es zu einem international agierenden Hidden-Champion mit 500 Mitarbeitenden entwickelt hatte, an seinen Sohn Christoph und seine vier Geschwister übergeben. Anschließend war hat er sich aus der operativen Führung zurückgezogen und sich nach ein paar Jahren schließlich auch aus dem Beirat verabschiedet.
Was auf den ersten Blick eine perfekte Nachfolge gewesen zu sein schien entpuppte sich auf den zweiten Blick als perfekte Falle.
Die fünf Geschwister konnten das Familienunternehmen als Eigentümer ohne operatives Engagement nicht wirklich steuern. Der vom Vater ausgewählte, familienfremde Geschäftsführer hatte sich daran gewöhnt, das Unternehmen mit maximaler Freiheit zu leiten. Der Beirat war überwiegend mit langjährigen Weggefährten und Vertrauten des Vaters besetzt, von denen einige an den Fähigkeiten, andere an der Motivation der nächsten Generation zweifelten. Zwar wählten die Geschwister einen neuen Beiratsvorsitzenden und erweiterten die Geschäftsführung, aber es fiel ihnen immer noch schwer, dem Familienunternehmen ihren Stempel aufzudrücken. Dann knallte es bei einer Gesellschafterversammlung über Investitionsprioritäten. Christoph hatte es das ständige Gerede darüber, wie man die Geschäftsführung davon überzeugen könne, die Dinge so zu machen, wie es die Eigentümer wollten, endgültig satt.
Er haute auf den Tisch: „Warum machen wir uns vor den Managern krum?“ er sagte. „Die Firma ist unser Erbe. Es geht um unser Geld.“
Eine tektonischen Plattenverschiebung hatte begonnen. In einem Leitbild beschrieben die Geschwister Mission, Vision und Werte für das Unternehmen. Sie verpflichteten die Geschäftsführung dazu, die Kennzahlen zur Erfolgsmessung entsprechend zu ändern und mehr um die Rendite des investierten Kapitals zu konzentrieren als auf den operativen Gewinn. Als Eigentümer begannen die Geschwister, die Richtung für einige strategische Entscheidungen vorzugeben und bezogen den Beirat eng in deren Umsetzung ein. Es kam zwangsläufig zu erheblichen Streitereien, aber letztendlich fügte sich die Geschäftsführung der aktiveren Eigentümerrolle der Familienmitglieder.
Verstehen Sie uns nicht falsch. Wir haben Eigentümerfamilien erlebt, denen es nicht gelungen ist wieder Herr im eigenen Haus zu werden und haben Fälle von „gut gemeint und schlecht gemacht“ gesehen, bei das Engagement der Gesellschafter die Existenz des Unternehmens in Gefahr gebracht hat. Entscheidend ist unserer Erfahrung nach den angemessenen Weg zu gehen, die Macht des Eigentümers zum Wohl des Familienunternehmens auszuüben. Diese Erfahrung bringt uns zurück zu Christoph und seiner Frage: „Welche Rolle ist für die Eigentümer von Familienunternehmen angemessen?“ Unserer Ansicht ist es für erfolgreichste Eigentümer ausschlaggebend, eine kleine Anzahl sehr wichtiger Entscheidungen selbst zu treffen. Zu den ultimativen Eigentümerentscheidungen, die unserer Erfahrung nach nicht delegiert werden können, gehören:
Legen Sie glasklar fest, was unternehmerische Leistung für Sie bedeutet.
Vielen Inhabern von Familienunternehmen geht es unserer Erfahrung nach dabei um weit mehr als rein wirtschaftlichen Erfolg. In den meisten Fällen sind Unternehmenskultur, Arbeitsplatzsicherheit, Standortverbundenheit, Umweltschutz und Beiträge für die Gemeinschaft gleichrangige Bestandteile des unternehmerischen Leistungsverständnisses. Eigentümer müssen hier Tacheles reden, sonst geht es oft erstaunlich schnell, dass im Familienunternehmen die falschen Personen eine Agenda verfolgen, die mit den Eigentümerinteressen langfristig nicht vereinbar ist.
Definieren Sie die Kennzahlen, um den unternehmerischen Erfolg zu messen.
Eigentümer erhalten unserer Erfahrung nach entweder oft zu wenig oder zu viele Informationen. Um genau das zu wissen, was sie als erfolgreiche Eigentümer an Informationen brauchen, benötigen sie ein Kennzahlen-Cockpit, das es ihnen ermöglicht, die Geschäftsführung effektiv zu steuern und wirkungsvoll zu überwachen. Zu diesem Werkzeug gehört unbedingt eine passende Regelkommunikation, damit Plan- und Ist-Zahlen kontinuierlich im richtigen Rahmen besprochen werden.
Binden Sie den Beirat ein und nehmen Sie ihn aktiv in die Pflicht.
Unserer Erfahrung nach ist es Beiratsmitgliedern nicht präsent genug, dass ihre Hauptaufgabe darin besteht, die Interessen der Eigentümer zu schützen. Vor diesem Hintergrund ist der Prozess zur Auswahl und Bewertung der Beiratsmitglieder laufend zu prüfen und zu verbessern. Dies gilt unserer Erfahrung nach umso mehr, weil Gesellschafter oft selbst im Beirat sitzen und daher die Grenzen zwischen Eigentümer- und Beiratsrollen zu verschwimmen drohen. Unserer Erfahrung nach ist es daher unerlässlich, die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten beider Gremien und speziell ihrer Vorsitzenden zu aktualisieren und justieren.
Legen Sie die Mechanismen für Reinvestitionsquote und Gewinnausschüttung fest.
Weil Familienunternehmen in Generationen und nicht in Quartalen denken ist unserer Erfahrung nach ein dazu passender Entscheidungsrahmen unablässig, wie der Trade-off zwischen Thesaurierung und Dividende grundsätzlich gelöst wird. Andernfalls kommt auch der beste Beirat bei seiner jährlichen Entscheidungsvorlage für die Gesellschafter hier ins Schwimmen. Alles immer im Unternehmen zu lassen ist unserer Erfahrung nach genauso kontraproduktiv wie das Ausreizen der Ausschüttungshöhe, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Effekten. Unabhängigkeit braucht eines starke Eigenkapitalausstattung, aber gleichzeitig ist Vermögensaufbau unabhängig von Unternehmensrisiken unablässig. Erfolgreiche Eigentümer haben meist einen recht einfachen und langfristigen Rahmen dazu etabliert.
Wenn diese Punkte sauber implementiert sind müssen sich kompetente Eigentümer darüber hinaus nicht einmischen. Delegation funktioniert und die Entscheidungsfindung passt dazu, so dass Beirat, Geschäftsführung und Management ihre jeweiligen Aufgaben erledigen.
Wo steht Ihre Eigentümerfamilie beim Agenda-Setting und der Umsetzung?
Das Quiz unten soll Ihnen bei Ihrer Einschätzung Orientierung bieten. Bewerten Sie Ihren Gesellschafterausschuss bzw. Ihre Eigentümerversammlung, wobei „6“ bedeutet, dass sie sehr gut unterwegs sind, und „1“, dass sie hier ganz am Anfang stehen.
Unternehmerisches Leistungsverständnis
Wir besprechen regelmäßig die schriftlich fixierten Ziele (Leitbild und Werthebel), die wir gemeinsam erreichen möchten – z. B. Gesamtkapitalverzinsung, Eigenkapitalquote, Arbeitgeberattraktivität, Co2-Footprint.
Wir haben für Beirat und Geschäftsführung klare Leitplanken zu den Zielen aufgestellt, die sie verfolgen sollen und kommunizieren diese stringent.
Wir haben ein Vergütungsmodell für Beirat, Geschäftsführung und Management, dass die Zielerreichung transparent macht und die Umsetzung fördert
Wir haben im Eigentümerkreis drei bis fünf elementare Leistungsparameter klar priorisiert und in einem Zielsystem oder Score-Card abgebildet.
Wir haben ein Verfahren zur regelmäßigen Erörterung der Unternehmensleistung etabliert, in dem die Ansichten vom Beirat, Geschäftsführung und ggf. Management gehört werden.
strategischer Aussichts-Rat
Wir wählen Beiratsmitglieder strategisch aus, ziehen immer mehrere Kandidaten in Betracht und haben klare Anforderungskriterien festgelegt
Wir haben eine gut strukturierte Diskussion über die Kompetenzmix im Beirat und der Geschäftsführung.
Unser Beirat vertritt unsere Interessen als Eigentümer kompetent und konsequent gegenüber der Geschäftsführung.
Wir haben in einem Geschäftsverteilungsplan transparent geregelt, welche Aufgaben, Weisungs- und Entscheidungsrechte an den Beirat bzw. die Geschäftsführung delegieren sind und an wie Sie beteiligt bleiben.
Thesaurierungs-/Ausschüttungs-Balance
Als Eigentümer haben wir Ausschüttungs- bzw. Investitionsregeln schriftlich fixiert und dem Beirat sowie der Geschäftsführung so vermittelt, dass diese Regelung von Allen verstanden wurde.
Wir unterziehen unsere Grundsätze einer jährlichen Prüfung, bei der wir untereinander unsere Präferenzen und Prioritäten bzgl. Ausschüttungen und Reinvestition in das Unternehmen besprechen.
Unserer Erfahrung nach bedeutet ein Wert von 75 oder mehr bedeutet, dass sie als Eigentümer ihr Familienunternehmen gut unter Kontrolle haben. Ein Wert von 45 bis 74 deutet dagegen darauf hin, dass sie auf dem Weg zu effektiven Eigentümern noch eine gute Wegstrecke vor sich haben. Ein Wert unter 44 signalisiert oft, dass sie die Kontrolle über ihr Unternehmen bereits verloren haben oder Gefahr laufen, dies zu tun.
Wenn Sie mit einigen Punkten Probleme hatten, weil Ihr Beirat und Ihr Gesellschafterkreis weitgehend identisch sind, dann haben Sie ein grundlegendes Problem für die langfristige Zukunftsfähigkeit Ihres Familienunternehmens identifiziert.
Was ist Ihre Erfahrung
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